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EU-Richtlinie zum Recht auf Reparatur …

… zieht komplette Umgestaltung der Wertschöpfungskette nach sind. Was Hersteller jetzt beachten müssen.

Das Europäische Parlament hat vor kurzem eine umfassende Richtlinie zum „Recht auf Reparatur“ verabschiedet. Sie soll es Verbrauchern einfacher und attraktiver machen, defekte Geräte zu reparieren.

Die Richtlinie deckt eine breite Produktpalette ab – darunter Smartphones, Tablets und Haushaltsgeräte – und verpflichtet Hersteller, den Konsumenten Zugang zu Ersatzteilen, Reparaturinformationen und Software-Updates zu gewähren. Damit werden klare Erwartungen an einen erschwinglichen Reparaturservice und eine längere Funktionsfähigkeit der Produkte gesetzt, um Abfälle zu reduzieren und eine nachhaltigere und kreislauforientierte Wirtschaft zu fördern.

Wolfgang Kobek, EVP & General Manager of International Business bei Infor, kommentiert: „Die bisherige Regelung bietet eher Anreize für den Kauf eines neuen Gerätes oder den Austausch statt für die Reparatur: So verfällt z.B die Garantie, wenn Geräte geöffnet oder nicht Originalersatzteile verwendet werden. Dabei gehört Elektronikschrott zu den am schnellsten wachsenden Abfallquellen, da weniger als 40 Prozent recycelt werden.“

In Deutschland landeten 2020 über eine Million Tonnen Elektroschrott in den Sammelstellen. „Für Hersteller ist die neue Richtlinie zum Recht auf Reparatur ein entscheidender Einschnitt und erfordert erhebliche Änderungen ihrer Entwicklungs- und Fertigungsprozesse sowie eine Anpassung der erweiterten Lieferketten. Damit steht in vielen Unternehmen eine komplette Umgestaltung der Wertschöpfungskette an. Die Änderungen werden sich auf nahezu jeden Aspekt der Konstruktions-, Produktions- und Lieferkettenprozesse auswirken. So muss z.B. das Design und die Konstruktion bestehender Geräte angepasst werden, damit Teile besser gewartet und ausgetauscht werden können. Im weiteren Verlauf müssen diese Änderungen auch bei den Zulieferern effektiv koordiniert werden.“

Wolfgang Kobek ergänzt: „Eine zusätzliche Herausforderung werden die Bestandskontrolle und Lagerverwaltung darstellen. Derzeit sind die Produktionsabläufe darauf ausgerichtet, Minimalbestände vorzuhalten und gleichzeitig eine kontinuierliche Produktion zu ermöglichen. Das Recht auf Reparatur wird diese Gepflogenheiten auf den Kopf stellen, da zukünftige Lagerbestände neu kalkuliert und zusätzliche Lagerkapazitäten geschaffen werden müssen. Und all das muss bei laufender Produktion und anhaltendem Kostendruck umgesetzt werden.“

Die Richtlinie bietet aber auch Chancen, meint er: „Hersteller werden sich neue Einnahmequellen für Reparaturen und Service erschließen. Zudem werden sie über neue Geschäftsmodelle, wie Aboservices nachdenken, bei denen Geräte inklusive Service und Reparatur vermietet werden. Doch auch dies muss neu in die Prozesse integriert werden. Dabei wird der Erfolg dieser Neuausrichtung stark von der technologischen Unterstützung und Vision der Unternehmensführung abhängen. Mit einer Technologieplattform, die eine moderne, agile Arbeitsweise fördert, branchenspezifische Funktionalitäten z.B. für die Hersteller von Smartphones und Haushaltsgeräten umfasst und in unterschiedliche Systeme integriert werden kann, wird sich das Recht auf Reparatur erfolgreich umsetzen lassen.“

Links:

https://www.infor.com/de-de/industries/food-beverage

Die bisherige Regelung bot eher Anreize für den Kauf eines neuen Gerätes statt für die Reparatur. Das ändert sich nun. Bild: Militiamobiles auf Pixabay

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Quelle: Volker Zwick (Chefredakteur der B&I)
www.b-und-i.de